Studentenverbindungshaus

Ab dem Jahr 1927 wurde aus der Lauer-Villa das großzügigste und exklusivste Verbindungshaus in München und Umgebung, denn die pflichtschlagende und farbentragende Studentenvereinigung Corps Suevia (1803 gegründet und damit eine der ältesten Münchner Studentenverbindungen und der ältesten deutschen Studentenverbindungen überhaupt) erwarb das Anwesen als Ersatz für ihr baufällig gewordenes Korpshaus in der Adelgundenstraße 33-35.

 

»Das Anwesen liegt völlig frei unweit des malerisch gelegenen Bogenhauser Kirchleins«, heißt es in einem Exposee der Suevia-Corpsbrüder und »umfasst 0.394 ha, wovon der größere Teil auf einen schönen Ziergarten und einen Baumgarten mit alten Kastanien entfällt. In dem Hause befindet sich ein durch zwei Stockwerke gehender großer Festsaal mit anschließender Loggia nach dem Garten, ein sehr geräumiger, als Speisesaal verwertbarer Raum, außerdem ein Atelier, das ohne Schwierigkeit und mit geringen Kosten es ermöglicht, unsere alte stimmungsvolle Kneipe fast in der gleichen Form wieder erstehen zu lassen. Ein weiterer großer Raum wird ohne weiteres als Fechtboden zu verwenden sein«. Günstige 320.000 Reichsmark zahlten die »Schwaben« an Lauer für den vornehmen Herrensitz, der genau den Bedürfnissen der Korpsbrüder entsprach, die so berühmte Mitglieder wie Ludwig Thoma oder den Archäologen Theodor Wiegand in ihren Reihen zählten.

 

Im neuen Gesellschaftshaus an der Neuberghauser Straße 11 gab es für die Aktiven einen täglichen Mittagstisch, zahlreiche Arbeits- und Aufenthaltsräume, eine Bibliothek, eine Kegelbahn im Keller, selbstverständlich ein Billardzimmer und im großen Saal wurden rauschende Feste gefeiert. Sogar das alte Bleiglasfenster aus dem ehemaligen Corpshaus in der Adelgundenstraße ließ man in die neue Kneipe einbauen, um »trinkfrohe Stimmung« aufkommen zu lassen.

 

 

 

 

1934 weigerte sich das Corps Suevia München gemeinsam mit vier weiteren Corps, der Forderung des Dachverbandes auf Ausschluss seiner mit jüdischen Ehefrauen verheirateten (so genannt „nichtarisch-versippten“) Corpsbrüder nachzukommen. Diese Forderungen wurden auf der Basis eines der ersten, die deutschen Juden diskriminierenden Gesetzes, des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, infolge der nationalsozialistischen Machtübernahme gestellt. Mit der Ablehnung folgte das Corps damit trotz Androhung staatlicher Sanktionen dem eigentlich für alle Studentenverbindungen gültigen Grundsatz, dass die einmal verliehene (Voll-) Mitgliedschaft einem Angehörigen nur auf der Basis schwerwiegenden Fehlverhaltens aberkannt werden kann. Im März 1939 löste sich das Corps auf und im April verkaufte die Suevia die gesamte Immobilie für 330.000 RM an die Stadt München, die dort unter anderem die Unterbringung der Münchner Modeschule plante.

 

 

 

 

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Abbildungen: