Und weiter heißt es in der »Bauzeitung«, 26. Jahrgang, Heft 43, Ausgabe 26. Oktober 1929:

 

»Die Lage des Hauses ist denkbar günstig. Zwischen der Isar und der wenig befahrenen Pienzenauerstraße liegt es, im Grün versteckt, auf einem schönen großen Grundstück im Herzogpark. Die nördliche Hälfte nimmt das Haus mit dem Wirtschaftsanbau ein. Ihm im Süden vorgelagert ist der große Garten. Von der Altane vor dem Wohnzimmer im ersten Stock sieht der Besitzer in weitem Umkreis über ihn hinaus nur Bäume und Wasser. [...] Um Hauptbau und Wirtschaftsanlagen zu einem Ganzen zusammenzuschließen wurden diese halbkreisförmig gebogen und an die Nordseite des Wohnhauses angebaut. An der überdeckten Durchfahrt zwischen beiden liegen sehr praktisch angeordnet alle Zugänge: Der zur Wohnung, zum Büro, zur Küche, zur Hausmeisterwohnung, Garage und Waschküche. [...] In der überdeckten Durchfahrt zwischen beiden liegen sehr praktisch angeordnet alle Zugänge: Der zur Wohnung, zum Büro, zur Küche, zur Hausmeisterwohnung, Garage und Waschküche.

 

 

Grundriss Erdgeschoss

 

Das Erdgeschoss nimmt die Räume für die geschäftliche Tätigkeit des Besitzers - Büros und Lager - [für das Stoff-Exportgeschäft Willers] und außerdem die Küche auf. Die Lagerräume für die Stoffe verlangen die ihnen gegebenen hohen, hellen Räume, da sie gleichzeitig dem Verkehr mit den Käufern dienen und diese sich hier ihre Stoffe heraussuchen. Unter der gedeckten Vorhalle können sie sich bei jeder Witterung die Stoffe im Freien betrachten. Die Diele im Erdgeschoss, durch eine kleine Kleiderablage von dem Büroeingang getrennt, gehört schon zur Wohnung und ist deshalb anspruchsvoller ausgestattet. Verschiedenfarbige Marmorfliesen, ein weißer Anstrich von Wand und Decke, bis um Boden verglaste und versproßte Nußbaumtüren und sie sich im Halbkreis hinaufschwingende Treppe geben ihr das Gepräge. Eine hübsche, figürliche Stuckarbeit von Prof. Friedrich Lommel, 2 spinnende und webende Frauen, erinnert an die Tätigkeit des Besitzers. Folgender hübscher Spruch ziert sie: ›Arbeit ist die edle Schmiede und Mut der starke Schmied und Not, der Knecht, der Nimmermüde, der die sturmgefüllten Bälge zieht.‹

 

 

Grundriss Obergeschoss

 

 

Bemerkenswert sind auch die fein durchgebildeten Heizkörperverkleidungen in Nußbaumholz mit ihren vorgesetzten leicht bewegten Füllungen und dem feinen Gitterwerk. Sie sind übrigens als großer, vorgesetzter Kasten gearbeitet und lassen sich leicht zum Regulieren und Reinigen des Heizkörpers wie ein Oberlichtflügel oben herausklappen. Die Diele im Obergeschoß erweitert durch den Luftraum über der Treppe, die versetzt und hinter einer Wand versteckt, als bescheidene Dachtreppe weitergeführt ist, ist geschlossener in ihrer Gesamtwirkung wie die darunter, da ein im Gesamtton einfarbig wirkender reicher doch ruhiger Parkettboden in Eiche und Nußbaum sie zusammenhält. Im übrigen wieder die großen, bis zum Boden verglasten Doppeltüren in Nußbaum, in dem sonst einheitlich geweißten Raum. [...]

 

 

Eingangstor

 

 

Grundrisslich interessant ist die schmale Verbindung vom Treppenpodest, wenige Stufen tiefer zu der Anrichte und dem Nähzimmer neben dem Speisezimmer. Ein einfarbiger roter Vorhang schließt sie gegen die Diele ab. Ein kurzer Gang führt von dieser zu den Schlafräumen und dem Bad. Zwischen das Schlafzimmer der Hausfrau und das im Mittelpunkt des Hauses liegende allgemeine Wohnzimmer schiebt sich noch das kleine, intime blaue Zimmer der Dame. Vor einer tiefen Nische steht in der Mitte der Schmalseite eine Empirekachelofen für die Übergangszeit. Die Möbel sind in Kirschbaum. Das Abschließen des Damenzimmers drückt sich gut in dem Versetzen seiner beiden Türen aus. Das stattliche Wohnzimmer (Grundfl. 7,34 x 5 m) mit seinen Mahagonimöbeln, der schwarz-grünen Stoffbespannung der Wände und dem schweren, grauen Teppich ist der reichste Raum des Hauses. Er ist der Sammelpunkt des häuslichen Lebens, dient den Besitzern als einziger Wohnraum und gleichzeitig größerer Geselligkeit. Das Speisezimmer von 25 qm Grundfläche erscheint daneben fast klein, es ist feierlich auf weiß, schwarz und blau gestimmt. Ein grauer Teppich stellt die farbige Verbindung mit dem beherrschenden Wohnzimmer daneben her. Von diesem öffnet sich eine geräumige Altane nach Süden. Wohntechnisch ist es vielleicht ein Nachteil, daß sie ungedeckt ist und deshalb Tisch und Stühle jedesmal durch das vornehme Wohnzimmer herein- und hinausgetragen werden müssen.

 

 

Durchblick vom Hauptzugang Pienzenauer Straße zum Eingang Föhringer Allee.

Links der mit Karyatiden Terrakotta von Bildhauer Friedrich Lommel flankierte und mit zierlichem Balkon mit reichem Gittschmuck überdachte axsiale Hauseingang

 

 

Dem Äußeren kommt es sehr zugute, daß im Erdgeschoß nur untergeordnete Räume stecken und so die großen Fenster des Wohngeschosses in vier Meter weiter Achsenstellung die Fassade beherrschen können. Das dunkel ruhige Dach und die symmetrisch herauskommenden Kamine unterstreichen noch die einfache große Linienführung. Ihr ordnet sich der niedrige Giebel des flachen MIttelrisalits unter, er schließt nur die Altane nach oben ab. Weiß steht alles Holzwerk und Eisen vor der gelben Fassade. Die Fenster, die Klappläden, die Korbgitter der Erdgeschoßfenster und die lustige, geschmiedete Rokokobrüstung des Vorbaus. Die weite vertiefte Rasenfläche vor dem Haus steigert die Wirkung der Fassade noch weiter.«

 

 

 

2014

 

 

Soweit es das Gebäude hinter der heutigen Mauer erahnen lässt, hat sich äußerlich nicht viel verändert, nur zwei zusätzliche Gaubenfenster im Dachgeschoss sind dazugekommen und das fein zisilierte Eingangsportal ist verschwunden. Aber sogar der originäre gelbe Fassadenanstrich wurden der ehemaligen Villa Willers, dem Haus der "Eigenbehauptung" wie die "Deutsche Bauhütte" im Titel es nannte, wiedergegeben. (Stand 2014)

 

 

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Literatur und BIldmaterial:

Die Bauzeitung. Vereinigt mit "Süddeutsche Bauzeitung" München. Deutscher Bautennachweis und Süddeutsche Baugewerks-Zeitung, Jahrgang XXVI, Heft 43, Stuttgart, den 26. Oktober 1929, S. 447-449.

Deutsche Bauhütte. Zeitschrift der deutschen Architektenschaft, 39. Jahrgang, Heft 18, Hannover, den 28. August 1935, S. 210f.