Die Künstlervilla Lauer

Neuer Eigentümer der Immobilie an der Neuberghauser Straße 11 wurde 1911 der Farbfabrikant Friedrich Lauer zum Kaufpreis von 200.000 Mark. Der gebürtige Mannheimer entstammte einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie, die ihr Vermögen mit einer rotfärbenden Pflanzenfarbenfabrikation gemacht hatte. Durch Zukauf einiger kleinerer Anwesen an der Lortzingstraße vergrößerte er seinen Besitz zusätzlich. Bereits im Frühjahr 1912 ließ Lauer, der sich im Fach Malerei an der Akademie der Bildenden Künste München eingeschrieben hatte, das Wirtshausgebäude abreißen und auf dem Grundstück einen respektablen Künstler-Wohnsitz durch den Architekten Wilhelm Scherer im Stil abgewandelter deutscher Renaissance errichten. Größe des Anwesens: 3.000 Quadratmeter, Baukosten: 1 Million Goldmark. Vorbild waren ihm sicherlich die großen Münchner Künstlervillen von Lenbach (1891), Stuck (1897) oder Hildebrand (1898).

 

 

 

 

Das Haus besteht aus zwei Teilen, dem Wohnhaus an der Kirchgasse im Westen, mit Räumen für die Dame und den Herrn, dem Vestibül, Salon und Speisesaal, Küche, Bädern, Wirtschaftsräumen, Kegelbahn, Weinkeller etc., dem Garagenanbau mit darüberliegender Wohnung für den Kammerdiener und dem östlichen Haus an der Lortzing (jetzt Möhl-)straße, mit der Hausmeisterwohnung, den Atelierräumen, einem Gartensalon und dem langen verbindenden Zwischenraum mit Terrassen und Veranden im Süden. Im Norden liegen ein großer zweigeschossiger Musiksaal und parallel nördlich ein atriumartiger, rechteckiger Gartenhof. Die Räume im Erdgeschoß sind reich mit Stuck verziert, Kiesel- und Muschelornamente schmücken den Wintergarten, vergoldete Säulenkapitelle, Marmorböden, kunstvolle Kamineinfassungen, viele Medaillons, Kartuschen und Halbreliefs zeugen vom Luxus im Geschmack der Zeit. Die Initialen »F« und »L« getragen von zwei Musen am Portal zum Salon sind noch heute Erinnerung an den kunstsinnigen Erbauer der Villa Friedrich Lauer.

 

 

 

Empfangshalle

 

 

I

Innerer Hof

 

 

Erinnert werden soll an dieser Stelle, dass zum Zeitpunkt der Errichtung der Lauer-Villa, nur einige hundert Meter weiter, praktisch fast in Sichtnähe, die Bauruine des Unternehmers Ernst Philipp Fleischers (Ismaninger Straße 109) stand. 1910 war dem Unternehmer (auch er übrigens Maler und Farbenfabrikant wie Lauer) das Geld für seine hochfliegenden Pläne eines Projekts »Künstler-Villa« ausgegangen. Seitdem rottete das Gebäude notdürftig gesichert vor sich hin. Zufall oder war das geradezu Anregung und Ansporn für Lauer?

 

Es ist schwer vorstellbar, wie die vielen Räume der Lauer-Villa, verteilt auf fünf Geschossebenen, insgesamt wohl über 3000 Quadratmeter Fläche, von ihrem Besitzer, der in diesem Anwesen mit nur wenigen Bediensteten lebte, genutzt werden konnte. Zeitweise waren einige Räume wohl auch vermietet.

 

 

ca. 1915

 

 

 

 

 

 

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Abbildungen von oben nach unten: