Oberföhring:
historie
In
einer Urkunde vom 3. Juli 750 wird erstmals erwähnt:
"(...) quidquid ad Feringas pertinebat". Das Wort
"Feringas" lässt dabei mehrere Übersetzungs- und
Deutungsmöglichkeiten zu: "bei den Leuten des Fara oder
Feri" (dann würde sich der Name aus der Sippe der "Feringa"
ableiten). Es kann aber auch der Hinweis auf einen
Geländepunkt, nämlich eine Stelle zur Überfahrt ("bei
den Fähren") gegeben sein. Weitere Deutungsmöglichkeiten:
"bei den Fergen", in Ableitung des Berufs des
Fährmanns oder "bei den Föhren" (Bäumen).

Im
Traditionsbuch des oberösterreichischen Klosters Mondsee (siehe
Abbildung) ist in einer Urkunde Herzog
Tassilos III.
aus dem Jahr 783 dann mit Nennung des Hofs "Faringa"
erstmals eindeutig ein Ort aufgeführt, der Föhring heißt. 903 schenkt König
Ludwig das Kind dem Freisinger Bischof Waldo einen Meierhof als
Brandsteuer wegen der in Freising abgebrannten Domkirche. 940
wird Föhring als "curtis regia", als Königshof,
bestätigt.

Salztransport
im Mittelalter |
In
der Folge nimmt Föhring einen rasanten Aufschwung, denn
die Freisinger Bischöfe nutzen ihre geschenkte Föhringer
Grundherrschaft und errichten eine Salzniederlage, eine
Münzstätte, eine Brücke über die Isar und ein Zollhaus
und belegen die auf der Salzstraße
von
Reichenhall in Richtung Augsburg und Oberschwaben
ziehenden Fuhrwerke mit Zoll. 1157 kommt es deswegen zum
Konflikt zwischen Bischof
Otto von Freising und dem
Welfenherzog Heinrich dem Löwen,
Markt und Brücke von Föhring werden zerstört (Gründung Münchens
1158). Mit der Umleitung der Salztransporte auf die neue Münchner
Isarbrücke blüht München auf. 1180 werden erstmals Ober-
und Unterföhring getrennt genannt. Oberföhring verliert
nach der Umleitung der Salzstraße infolge ausbleibender
Einnahmen stark an Bedeutung und bleibt fortan ein kleines
unbedeutendes Bauerndorf am Südrand des Hochstifts
Freising. |
Münzen
um 1158 in Föhring geprägt
Im
Jahr 1305 zählt man zum bischöflichen "Amt Föhring"
die Dörfer Ober- und Unterföhring, Ismaning, Englschalking,
Daglfing, Freimann, Bogenhausen, Trudering, Hohenbrunn,
Unterhaching und Besitzungen am Starnberger See. Hierbei handelt
es sich um einzelne Bauernhöfe, die den Bischof von Freising
als Grundherren hatten. Im September 1319 gewährt Kaiser Ludwig
der Bayer dem Freisinger Bischof Konrad III. gegen eine
Geldentschädigung von 100 Mark Silbers die ersehnte Grafen- und
Landgerichtsbarkeit, d.h. seine Grafschaft hatte nun die
Blutgerichtsbarkeit. 1349 wird ein "purkstall"
urkundlich erwähnt, dessen Standort auf dem Gebiet des
ehemaligen Pernerhofes, An der Schanze 1 in Oberföhring
vermutet wird und der wahrscheinlich aus der Zeit um 1000
stammt, als die Freisinger Bischöfe noch einen blühenden Markt
zu verteidigen hatten.

Grenzstein
des Herzogtums Baiern und des Hochstifts Freising (Kopie),
unterhalb
Pfarrhaus St. Lorenz, Rochus-Dedler-Weg
Vorderseite:
herzogliches Wappen
Rückseite:
Wappen Hochstift Freising
Während
der Französischen Revolution 1789 verfügte Kurfürst
Karl Theodor,
dass in München Bücher und Zeitungen zensiert wurden. Vor
allem die "Oberdeutsche Zeitung", die ihre
freiheitlichen Ansichten über die Obrigkeit, den Adel und die
Kirche verbreitete, war ihm ein Dorn im Auge. Der Freisinger
Fürstbischof hingegen ließ die Journalisten gewähren. Dies
nutzten zahlreiche Münchner und lasen in Föhring ungestraft
die verbotenen und daher um so interessanteren Schriften. Muße
dazu hatten sie in diesen Stadtteilen allemal, zumal man außerdem zu Beginn des 19. Jahrhunderts die wunderbare Aussicht
von Oberföhring in Richtung München mit der Alpenkette im
Hintergrund zu entdecken begann. Den berühmten "Föhringer
Blick" haben viele Landschaftsmaler der Münchner Schule von Kobell bis
Dillis festgehalten.

Zu
Beginn der Biedermeierzeit zeigt
sich Oberföhring als bäuerlich
verschlafener Stadtteil. An der lang hingezogenen Hauptstraße
(Oberföhringer Straße) liegen malerisch-lauschige Gaststätten,
wie die traditionsreiche Schlosswirtschaft,
neben kleinen Bauern- und Tagelöhnerhäuschen mit moosbewachsen Strohdächern,
reichen Blumengärten und bis zum Dachfirst von Efeu umrankten
Fassaden. Im nahegelegenen St. Emmeram,
unterhalb der Isarkante, gehen die Münchner gerne im Grünen spazieren, lädt doch auch hier eine alte
Mühle mit schattigem
Biergarten zum Verweilen ein. Doch die Idylle hatte auch
ihre anderen, weniger romantischen Seiten, denn nur wenige
Bauern konnten ihre Familien mit den landwirtschaftlichen
Erträgen ernähren, viele Kleinbauern mussten zusätzlich als
Handwerker oder Taglöhner dazuverdienen - ein hartes Leben für
viele. Nicht zu reden vom Leben der Dienstboten, das ein
Chronist der Zeit wie folgt knapp beschreibt: "gegeißelt
durch Vorträge, Lohnentzug, Fortjagen!"
Mit
der Säkularisation 1803 wird Oberföhring bayerisch und zusammen mit
dem Ortsteil St. Emmeram bildet
es ab
1818 eine eigenständige politische Gemeinde. Am
1. Juli 1913 wird Oberföhring von der Königlichen Haupt-
und Residenzstadt München einverleibt und zur
Stadtgemeinde - es hat
somit eine längere Tradition als München.

"Vehring
an der Isar", 1810

Föhring
1818

Blick
von den Isarauen bei Oberföhring, 1815
Gegen
Ende des 19. Jahrhunderts erlebt Oberföhring auch seine große
"Blütezeit" mit dem rasanten Anstieg der
Ziegeleibetriebe auf seinem Gebiet, mehrheitlich entlang
der Oberföhringer
Straße gelegen. Um 1900 sind es stattliche 17
Stück - so viele wie keine andere
Gemeinde im Münchner Bezirksamt I aufweisen kann! Heute sieht man lediglich die Reste von zwei dieser Ziegeleien. Auch sie werden wohl bald den bereits geplanten Bebauungen weichen
müssen.
>>
zum interaktiven Lageplan "Ziegeleien in Oberföhring um
1913"

Trockenstadel
der Ziegelei
"Deck", Oberföhringer Straße 204
Noch
heute hält Oberföhring mit seinen Siedlungen Abstand zu den anderen
Ortsteilen, aber an der Cosimastraße wächst heute unaufhörlich der
mittelalterliche Brückenort mit der Stadt Heinrich des Löwen
zusammen.

>>
weitere Informationen zu Oberföhring
Abbildungen:
Traditionsbuch
Kloster Mondsee aus dem Jahr 783, Handschriften des
Österreichisches Staatsarchivs
Foto
Grenzstein
© dietlind pedarnig, 2008
Aquarell
"Blick von Oberföhring gegen München" von Wilhelm
Scheuchzer, 1849
"Vehring
an der Isar", 1810. Kreidelithographie von Max Joseph
Wagenbauer.
Carl August Lebschée: "Föhring",
Stich 1818. Aus: Malerische Topographie des Königreich
Bayern, Reprint der Originalausgabe, München, Hermann und
Barth, 1830, Hugendubel München 1985.
Franz
Kobell: Blick von den Isarauen auf Oberföhring, Ölbild auf
Malkarton, um 1815.
Das
Dorf Oberföhring, Postkarte um 1900. Im Uhrzeigersinn von links
oben: Pfarrkirche St. Lorenz, "Blick ins Dorf",
Gasthaus zur Post, Schloss-Wirtschaft, Specereihandlung von Max
Schüssler.
Trockenstadel
(links) der Ziegelei "Deck" in Oberföhring mit Kirchturm St.
Lorenz, von der
Johanneskirchner Straße aus gesehen ©
hpt Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e.V.
(2008)
Ansichtskarte
"München-Obeföhring, Vertrieb Th. Schüßler,
München-Oberföhring, 1960.
|