Die Reiffenstuels

Die Familie Reiffenstuel stammte vom Tegernsee und hatte mit Hanns Reiffenstuel (15481620) schon unter Herzog Maximilian I. einen angesehenen Hof- und Wasserbaumeister gestellt. Zusammen mit seinem Sohn, dem "Hofbrunn- und Zimmermeister" Simon Reiffenstuel (15741620) leitete er von 1617 bis 1619 den Bau der Soleleitung von Reichenhall nach Traunstein. 

 

Einer seiner Nachfahren, Franz Michael Reiffenstuel gelangte im 19. Jahrhundert in der Residenzstadt als Architekt zu Ehren. Er war wesentlich an der Entstehung des Gärtnerplatz-Viertels beteiligt und nach seinen Plänen entstand das am 4. November 1865 feierlich eröffnete "Actien-Volkstheater" am Gärtnerplatz, einem Stadtbauprojekt des Bankiers Simon von Eichthal. Reiffenstuel nach dem auch in der Nähe des Theaters eine Straße benannt ist führte alle Zimmer- und Schreinerarbeiten selbst aus, während seinem Sohn Michael die Maurerarbeiten anvertraut waren.

 

Die renommierten Bauprojekte der Reiffenstuels waren sicherlich die Grundlage für die Möglichkeit sich in das boomende Ziegeleigeschäft einzukaufen. 1868 erwarb Maurermeister Michael Reiffenstuel an der Donaustraße 88 in Bogenhausen eine Fläche von über fünf Hektar mit dazugehörigen Trockenstadeln. Er errichtete dort eine neue Ziegelei und eine "englische Gartenanlage".

 

 

Joseph Hahn: Die Ziegelei Reifenstuel in Bogenhausen, Ölgemälde 1870

 

 

1895 wurde der Besitz mit weitgehend abgeziegelter Bodenfläche von der Firma Kustermann ersteigert. Ein Jahr später ging die Ziegelei in Konkurs und wurde 1912 abgebrochen und auf dem Grundstück ein Wohnhaus errichtet. Das Areal mit dem heutigen Wohnhaus Schreberweg 4 verkaufte die Firma Kustermann 1931 um 35.000 Reichsmark an den Kaufmann Adolf Vollmann, der eine Saftfabrik betrieb. Er tauschte den Besitz mit der Stadt München 1937 und das Wohnhaus wurde als HJ-Heim genutzt.  Später befand sich darin ein Kindergarten, das Technische Hilfswerk und wieder ein Privatwohnsitz der Reiffenstuels. 1957erhielt das Wohnhaus einen Komplettumbau. Heute wird es von der Bahá’í-Gemeinde, einer Religionsgemeinschaft, genutzt.

 

Anfang des 20. Jahrhunderts machte sich ein weiterer Reiffenstuel als Künstler in München einen Namen und setzte damit die Familientradition fort. Hans Reiffenstuel (geboren 1894 in München) studierte bei Heinrich Wölfflin Kunsthistorik ehe er selbst zu malen begann. Im "Hans-Reiffenstuel-Haus" in Pfarrkirchen lagern etwa 1600 seiner (unverkäuflichen) Werke, darunter viele Porträts Rottaler Bäuerinnen. Der 1980 verstorbene Hans Reiffenstuel ist am Bogenhauser Friedhof begraben - in dem Stadtteil also, in dem die Reiffenstuel'y<sche Generation vor ihm mit Ziegeleien zu wirtschaftlichem Wohlstand gelangt war.

 

 

 

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