Im Laufe seines Lebens bezog Hausenstein die verschiedensten politischen und weltanschaulichen Positionen: zunächst Monarchist, von 1907 bis 1919 militantes Mitglied der SPD und schließlich christlicher Konservativer. 1908 heiratete er Marga Schröder, von der er sich nach zehn Jahren wieder scheiden ließ. 1919 heiratete er in zweiter Ehe die Jüdin Margot Lipper, 1922 wurde die Tochter Renée-Marie geboren. 1932 zog die Familie nach Tutzing am Starnberger See. Am 17. November 1935 steckte man sein Haus in Brand, seine neuen Manuskripte wurden dabei zerstört. Aus der Schriftstellerkammer des Reiches wird Hausenstein 1936 ausgeschlossen. Ostern 1940 fand der heimliche Übertritt von Margot und Wilhelm Hausenstein zur katholischen Kirche statt. Anfang 1942 gelang es der Tochter Renée-Marie, über Portugal nach Brasilien zu emigrieren, um sich vor der drohenden Zwangsarbeit zu retten. Nach der Emigration der Tochter begann Hausenstein mit seinen Tagebuchaufzeichnungen »Licht unter dem Horizont«, herausgegeben von W. E. Süßkind 1967. In seinen Aufzeichnungen beschrieb er, wenn er es schaffte nach München zu fahren, den Zustand der Stadt nach Bombenangriffen. So notierte er am 20. Oktober 1942:

 

»In München gewesen. Die Schäden von dem englischen Flugangriff im September stellen sich an dem Aufwand der Reparatur, der Gerüste allenthalben in der Stadt doch recht nachdrücklich und auch zahlreich dar. erstaunlich, wie rasch die Leute sich an das Bild gewöhnt haben fast als ob nichts wäre. Im Zug und in der Tram etliche Männergesichter beobachtet, die wie alt gewordene Gesichter mißmutiger und unartiger Buben aussahen: die Gesichter schienen alt geworden, aber nicht erwachsen. sehr unerfreulich.«

 

Durch seine Ehe bestand für Hausenstein ständig die Gefahr, dass sein Haus durchsucht würde, oder dass er von seiner Frau getrennt würde. Im Jahr 1943 wurde Wilhelm Hausenstein jede publizistische Betätigung von den Nationalsozialisten untersagt. Im Januar 1945 stand die Deportation des Ehepaars Hausenstein unmittelbar bevor. Dass sie unterblieb, lag vermutlich am Zusammenbruch des deutschen Reiches.

 

 

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Text: Karin Bernst, in: Ein Spaziergang durch den Münchner Nordosten, Kalender 2008