Die Hartl-Dynastie

Lorenz Hartl zählte zu den großen Ziegelunternehmern im Münchner Osten, die als Zuwanderer umfängliche Lehmgründe erwarben, ihrem Stand gemäß führten und das Erbe sichern konnten. Die Hartls (bzw. Härtels) stammen aus Schönau bei Aibling und waren dort in den Kirchenbüchern als Hirten und Gütler, Pechsieder, Bauern und Mesner geführt. Der 1825 als siebtes von zehn Kindern geborene Lorenz ließ sich seinen Erbteil auszahlen und nach seiner Heirat mit Ursula Maierbacher sowie der Veräußerung von Grundbesitz gelang es ihm so viel Kapital anzuhäufen, dass er ins Ziegelgeschäft einsteigen konnte. 1863 übersiedelte die ganze Familie nach Baumkirchen, Gemeinde Berg am Laim, bei München.

 

Lorenz erlernte bei seinem Schwiegervater Xaver Franz Maierbacher in dessen Ziegelei das Ziegler-Handwerk und wurde Ziegelmeister in der Werkstatt seines Schwagers Andreas Maierbacher "Am Priel", Haus Nr. 3. Drei Jahre nach der Ankunft in München konnte er einen eigenen Ziegelstadel mit Brennofen an der Englschalkinger Straße 235 erwerben, 1880 kamen weitere große Lehmgründe in Englschalking, Haus Nr. 18 (heute Englschalkinger Straße 229), hinzu. Dort errichtete er eine Ziegelei mit Brennofen und Holzlege, drei Trockenstädeln, Wohnhaus und Kantine für die Ziegelarbeiter, Stallungen und Remise. Drei Jahre später übergaben die Eltern Lorenz und Ursula den Besitz ihren Kindern Josef, Bonifaz, Sebastian, Johann, Lorenz jr., Anna und Barbara. 1893 wurde Sohn Josef Alleinbesitzer der Ziegelei in Englschalking, die bis 1915 in Betrieb war. Vier Jahre später baute er sich hier die Villa in der Englschalkinger Straße 229. 

 

Sein Bruder Bonifaz lernte zunächst in Bogenhausen das Metzgerhandwerk und erwarb dann 1890 das Anwesen mit Ziegelei in der heutigen Waffenschmiedstraße 1, auf dem Gebiet des Einkaufszentrums im Fideliopark. Mit der Mitgift seiner Braut Karoline Pfeifer (Heirat 1891) konnte er sich dann eine eigene große Ziegelei errichten. Deren letzter Besitzer, Karl Ellwanger, erwarb sie 1926 und betrieb sie noch bis zum Jahr 1960. Damit war die ehemalige Hartl'sche Ziegelei eine der wenigen Ziegeleien, die den Zweiten Weltkrieg im Münchner Nordosten überlebte.

 

Der jüngste Bruder Lorenz jr. heiratete 1895 die Konsultochter Berta Markwald und konnte mit einer reichen Mitgift die Ziegelei an der Cosimastraße 294 in Oberföhring mit über fünf Hektar Lehmgründen erwerben und damit einen neuen Betrieb errichten. Seine Villa stand bis in die 1960er-Jahre in der Oberföhringer Straße 270 heute ist hier die Wendeschleife für die neue Trambahnführung Oberföhring / Effnerplatz.

 

 

 

 

 

Die jüngste Tochter Barbara heiratete Fritz Roth, Quetschenwerkbesitzer in der Nachbarschaft.

 

 

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Foto: "Loambarone" im Münchner Nordosten: Die Villa der Familie Hartl (Englschalkinger Straße 229) als Schauplatz großbürgerlicher Familien-Repräsentation anlässlich der Goldenen Hochzeit des Gründerehepaars Lorenz und Ursula Hartl im Jahr 1902. Die ganze Familie war eingeladen: vier Söhne mit ihren Ehefrauen und zwei Töchter mit Ehemännern sowie insgesamt 17 Enkelkinder. außerdem Angehörige der verschwägerten Familien Maierbacher und Pfeifer und weitere Gäste. Gespeist wurde allerdings nicht in der Villa, sondern in der Betz'schen Gastwirtschaft in Bogenhausen, wohin man mit Kutschen gebracht wurde, um ein feudales Mahl einzunehmen. Buchscan aus: "Dörfer auf dem Ziegelland", hrsg. v. Roland Krack, München 2002.