»Villa Rustica«

Platz »Zur Deutschen Einheit«

 

Beim Ausheben einer Grube im Zuge von Straßenarbeiten während des Baus der Obermaier'schen Kleinbautensiedlung am nördlichen Ende des heutigen Platzes »Zur Deutschen Einheit« in Denning entdeckte man die ersten Spuren eines stattlichen römischen Gutshofs, einer sogenannten Villa Rustica, aus dem 2. Jahrhundert nach Christus. Jüngster Fund im südlichen Platzteil waren 1972 römische Münzen aus der Zeit Kaiser Theodosius I. (379/383). Die anschließenden Rettungsgrabungen 1928/1929 wurden von P. Reinecke und Josef Maurer vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege verantwortet. Die Funde und Bebauungsspuren verteilten sich auf eine Fläche, die von der Marienburger, Insterburger und Rößeler Straße und dem Platz »Zur Deutschen Einheit« begrenzt wurde. Mit einer ostwestlichen Ausdehnung von 160 m und einer von 130 m in nordsüdlicher Richtung umfasst das besiedelte Areal rund 21.000 qm. Außer einem relativ kleinen Badegebäude legte man mindestens sechs Grundrisse von Stein- und Steinsockelbauten, zwischen bis zu 100 m langen Zaungräbchen, mehrere Brunnen und Pfostengruben, sowie zwei Reihengräberfelder (7. Jahrhundert) frei. Nachgrabungen im Jahr 1972 in der Marienburger Straße und am Süd-Ende des Platzes »Zur Deutschen Einheit« lassen vermuten, dass sich die Siedlung noch weiter nach Westen hin erstreckte.

 

Vor Ort erinnert eine Gedenktafel an den römischen Gutshof (ansonsten gibt es nichts zu sehen). In der Dauerausstellung der Archäölogischen Staatssammlung München waren bis 2016 mehrere Fundstücke von hier ausgestellt, insbesondere mehrere bäuerliche Eisenwerkzeuge.

 

 

 

 

Die gegen Ende des 1. Jahrhunderts gegründete Denninger »Villa Rustica« mit ihrem Badegebäude zählt zur vorherrschenden römischen Siedlungsform auf dem flachen Land (Gegenstück dazu ist die »Villa Urbana«). Im Alpenvorland und auf der Münchener Schotterebene gab es zahlreiche dieser Gutshöfe, welche die Grundlage der römischen Landwirtschaft bildeten und Städte und Militärposten versorgten. Die Denninger Siedlung ist eine der wenigen ländlichen Siedlungen, die nach der Zerstörung in der Mitte des 3. Jahrhunderts wiederbewohnt und im späten 3. und 4. Jahrhundert im Zusammenhang mit seiner günstigen Verkehrslage (Straßenstation?) zu einer gewissen Blüte gelangte. Davon zeugen zahlreiche spätrömische Gläser, Argonnensigillata, Lavez und glasierte Reibschüsseln. Wann der Platz gegen Ende des 4. oder zu Beginn des 5. Jahrhunderts aufgelassen wurde, ist nicht genau festzulegen.

 

2004 wurde in Poing die erste vollständige »Villa Rustica« im Großraum München ausgegraben.

 

 

>> Gesamtlageplan der »Villa Rustica« in Denning

>> NordOstKultur-Thema: »Die römische Villa Rustica in Aschheim«

>> zum Überblick »Villen« im Münchner Nordosten

 

 

Literatur:

Czysz, Wolfgang: Der römische Gutshof in München-Denning und die römerzeitliche Besiedlung der Münchner Schotterebene (1974). Kataloge der archäologischen Staatssammlung (Verlag Michael Laßleben, Kallmünz/Opf.).

 

Abbildung:

Rekonstruktionszeichnung der Denninger Römeranlage von Josef Krause (2008). Links außen das Badegebäude mit der vorspringenden Apsis.