1833 heiratete die Kirchenweberswitwe Barbara Baltinger den späteren Oberföhringer Gemeindediener Leonhard Bast. Aus einem Gemeindeprotokoll vom 3. August 1863 bezüglich der Aufstellung von Gemeindedienern erfährt man:

[...] soll die Gemeinde Oberföhring einen anderen Gemeindediener aufstellen, da der gegenwärtige schon zu alt ist. Entschluss der Gemeinde: [...] den Leonhard Bast noch ferner als Gemeindediener behalten zu dürfen, wenn schon alt, er doch noch ein rühriger, kräftiger Mann ist.«

 

Das »Kirchenwebergütl« übernahm im Jahr 1859 der Sohn, Franz Bast, von seinen Eltern im Anschlag zu 1500 Gulden. Wie damals üblich, konnte Franz Bast noch im gleichen Jahr heiraten. Die Familie Bast war wohl gezwungen, 1871 das Anwesen zu verkaufen. Der Vater Franz Bast und seine Kinder gerieten mit dem Gesetz in Konflikt und wurden inhaftiert. (Franz Bast erhielt im Jahre 1880 wegen Unterschlagung 3 Wochen Gefängnis und die Tochter Ursula Bast wegen Verbrechens des einfachen Diebstahls im Rückfalle im Jahre 1881 drei Monate Gefängnis).

 

Adrian Brecht, Kaufmann aus München, ersteigerte im Juni 1871 um 1050 Gulden das Anwesen, um es noch im gleichen Jahr im August für 1250 Gulden weiterzuverkaufen. Im Mai 1872 erwarb die Gemeinde Oberföhring um 1500 Gulden das Haus als zukünftigen Bauplatz für ein neues Gemeindehaus. Im neuen Gemeindehaus sollten sich befinden: ein Leichen- und Wärterzimmer, eine Remise für Feuerlöschrequisiten der Feuerwehr, vier Zimmer für Arme und ein Beratungszimmer. An Baukosten einschließlich Abbruchkosten rechnete man mit 5636 Gulden, wobei von den Gemeindemitgliedern Hand- und Spanndienste im Wert von 636 Gulden geleistet werden sollten. Zum Anwesen gehörte noch der Gras- und Baumgarten mit Pumpbrunnen.

 

Mit der Einverleibung Oberföhrings 1913 ging auch das örtliche Gemeindehaus in den Besitz der Stadt München über. Die Räume im Gemeindehaus wurden danach durch die Stadt München vermietet. Im Februar 1927 bat der Kirchen- und Kunstmaler Ludwig Hartl in einem Schreiben an den Bürgermeister Scharnagl um das freistehende Zimmer über der Leichenhalle im Gemeindehaus. Er und seine Frau waren seinerzeit obdachlos und hätten sonst bei seiner Mutter unterkommen müssen. Er schrieb:

 

»Nun hat die Stadt München in Oberföhring im sogen. Leichen- oder Feuerhaus 1 Zimmer frei, das für uns genügen würde, in das aber niemand einziehen mag, weil darunter die Zwischenhalle ist, die Aussicht auf den Friedhof geht und es außerdem weit vom Zentrum der Stadt sich befindet. Die Wohnung meiner Mutter hat nur ca. 15 qm und befinden sich darin 5 Personen, sodaß wir nur ein Bett stellen können und darauf nur zusammen schlafen können; meine Frau ist sehr leidend und bedarf dringend der Pflege, wenn sie nicht schwindsüchtig werden soll. [...]  Nun müßte aber auch schon vom sittlichen Standpunkt aus dringend abgeholfen werden. [...] Beim Wohnungsamt sind wir vorgemerkt und so glaube ich im Vertrauen auf Ihre bewiesene Menschenfreundlichkeit bauen und vertrauen zu dürfen. Sie sind der Rettungsanker meiner Familie, die sonst einem namenlosen Elend und Skandal preisgegeben wäre.«

 

Unterstützung fand Ludwig Hartl durch den Oberföhringer Pfarrer Attenberger. Das Schreiben leitete man zur wohlwollenden Würdigung an das Bestattungsamt weiter.

 

 

 

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