mouse-over: Villa Kustermann um 1903 und heute

 

 

Villa Kustermann

Möhlstraße 3

 

Die palastartige Industriellenresidenz samt Nebengebäuden im »süddeutschen Barockstil« wurde 1901 bis 1902 vom Baugeschäft Heilmann & Littmann für den Großhändler und Fabrikbesitzer für Eisenwaren, den Konsul und und Geheimen Kommerzienrat Hugo Kustermann (18641942) errichtet. Dieser hatte das 2900 Quadratmeter große Grundstück in der Möhlstraße 3 im Jahr 1900 von Josef Kölbl für 204.270 Mark erworben. 1902 war das Anwesen bereits bezugsfertig, 1905 erhielt es noch einen Seitenanbau. Unter Mitwirkung des Architekten Erich Goebel entstanden prächtige Empfangs- und Gesellschaftsräume (großer Salon, Zimmer der Dame, Zimmer des Herrn, Bibliothek, Speisesaal, außerdem eine Herren- und eine Damengarderobe), die dem Status von Hugo Kustermann mit einem jährlichen Einkommen von 320.000 Mark gerecht werden sollten. Unter dem reichen Bauschmuck befanden sich unter anderem auch zwei freistehende Figuren, die Allegorien »Kraft« und »Schönheit«, ein frühes Beispiel aus den Jahren 1901/02 für die Arbeiten der Bildhauer Heinrich Düll und Georg Pezold, deren Atelier sich ganz in der Nachbarschaft (Möhlstraße 31) befand. Die Skulpturen schmückten die herrschaftliche Toreinfahrt.

 

Anders als zum Beispiel bei der von Max Littmann geschaffenen Villa Diesel entstand hier kein Gesamtkunstwerk, sondern ein mit Antiquitäten luxuriös ausgestatteter Wohnsitz, samt einem Stall mit vier Pferden und einer Remise für 9 bis 10 Wägen sowie einem Kutscher- und einem Gärtnerhaus. Ganz besonders hervorzuheben sind die Kunstschmiedearbeiten, die nach alten Mustern in den Werkstätten der Firma Kustermann hergestellt wurden.

 

 

 

 

Im Zweiten Weltkrieg befand sich in den Kellerräumen des Gebäudes ein öffentlicher Luftschutzraum. In der Nachkriegszeit wurde die Villa unter ihrem neuen Besitzer, dem Freistaat Bayern, fast aller Schmuckelemente entkleidet. Seit 1951 ist hier das Italienische Generalkonsulat untergebracht. An die Zeit der industriellen Magnaten Kustermann erinnert noch heute das große »K« im schmiedeeisernen Gitter der vollkommen eingewachsenen Gartentür.

 

Die Villa ist eine der typischen großen »Unternehmervillen« in der Möhlstraße um 1906. Die Dominanz der bodenständigen Magnaten in dieser Zeit kann sich gleich an mehreren Anwesen ablesen lassen. Die prächtige Wohnkultur hatte freilich für die »kleinen Leute«, nämlich die in den Villen untergebrachten Bediensteten, ein anderes Aussehen. Willibald Karl zitiert dazu in seinem Buch über die Möhlstraße einen Zeitzeugenbericht:

 

»Die Beschaffenheit dieser Wohnbauten ist ein Kapitel für sich. Modern und großzügig für die Herrschaften, unsozial und armselig für Dienstboten und Hausmeister. Es gab Zentral- und Warmwasserheizung, Lift und sonstigen Aufwand. Wir hatten werde Bad, Heizung, noch elektrisches Licht. Wir benutzten eine Petroleumlampe in der Wohnküche und mit Kerzenlicht gingen wir ins Bett. Im Waschzuber hat unsere Mutter uns gebadet.«

(Anna Riedesser, Jahrgang 1905, am 16.9.1993)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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