Prof. Otto Steidle schreibt zu diesem Neubau in einer Stellungnahme 1998:

"Das Projekt Möhlstraße 19 war eine meiner ersten wichtigen Bauaufgaben. Der Entwurf entstand noch während des Aufbaustudiums zwischen 1966 und 1969 an der Kunstakademie in München bei Prof. Sep Ruf. Mein Lehrer baute damals in unmittelbarer Umgebung den Tucherpark. Auftraggeber für das Projekt war ein Mies-van-der-Rohe-begeisterter Bauherr, der mit einer Gruppe von Rechtsanwälten dort die Kanzlei einrichten wollte. (...) Grundgedanke für den Entwurf war ein einfacher Baukörper mit einer reduziert plastischen Oberfläche, dazu wurde eine Dachkonstruktion entwickelt, die es ermöglichte, an unterschiedlichen Stellen Balkone abzuhängen. Der Bauherr wollte jedoch lieber durchgängige Balkone, nicht zuletzt wegen der höheren Nutzfläche. (...) Der Unterschied ist insofern nicht unwesentlich, da die Aussparungen in horizontalen Schichten der Fassade mehr Differenzierung und Großzügigkeit gegeben und damit eine Anspielung auch auf den Fassadenmaßstab der Umgebung erzeugt hätte. (...) Meine damalige Auffassung zu Geschichte und Tradition hat eher den gestalterischen und strukturellen Unterschied von Alt/Neu betont. Diese Haltung würde ich heute auch vertreten, wenngleich ich meine, daß ein höheres Maß an Komplexität erforderlich ist, um einen Beitrag zum Dialog Alt/Neu zu leisten. Darüberhinaus schätze ich den Wert der bestehenden Bausubstanz heute mehr als das einzelne Baudenkmal, mehr das historische und gestalterische Ensemble, in diesem Fall das der Möhlstraße. Das vor ihrem Abbruch recht tendenziös als "Himmler-Villa" (Nutzung während der Nazi-Zeit) bezeichnete Haus hat mich seinerzeit wenig fasziniert, mehr die Gesamtsituation."

 

 

 

 

 

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Textquelle:  Karl, Scola: "Die Möhlstraße", 1998.

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