Die ehemalige Bedürfnisanstalt am Herkomerplatz

Geschützt unter Bäumen nahe der Hangkante zwischen Oberföhringer Straße und Montgelasstraße fristete bis 2015 die Bedürfnisanstalt am Herkomerplatz lange Jahre ein tristes Dasein. Errichtet wurde das Toilettenhäuschen an diesem Standort in den 1950er-Jahren, weil der Herkomerplatz als Omnibus- und Straßenbahn-Knotenpunkt Einrichtungen für die Warte- und Bedürfnisgelegenheiten seiner Fahrgäste erforderte.

 

Zirka 20 Straßenbahn-Stationshäuschen gab es in München um 1900. Diese lagen zumeist an den Endhaltestellen und waren auch mit einem Pissoir für das Straßenbahnpersonal ausgerüstet. In der Brienner Straße errichtete man 1883 das erste bekannte Gebäude dieser Art, eine Wartehalle und einen Wartesalon am Endpunkt der damaligen Dampftrambahn. Das erste Stationshaus der Pferdebahn, erbaut 1888/89, befand sich am Sendlinger Torplatz. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts und dem Ausbau des Straßenbahnnetzes vergrößerte such die Anzahl der Straßenbahnwartehallen in München auf ca. 60, einige davon mit einer Bedürfnisanstalt. Die Häuschen brach man je nach Bedarf wieder ab, um sie an einer anderen Stelle wieder aufzustellen. Wurden die Stationshäuser im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört, vorher abgebrochen oder inzwischen anderen Nutzungen zugeführt (Kiosk), ersetzte man die meisten in den 1950er-Jahren durch Neubauten. Das Stationshaus vom Max-Weber-Platz aus dem Jahr 1906 besteht heute noch. Von 1951 bis 1954 erhielten dann alle Wartehallen elektrische Beleuchtung.

 

 

Max-Weber-Platz 12: Straßenbahn-Stationshaus, Jugendstil, 1906 von Richard Schachner;

beim U-Bahnbau abgetragen und wiederaufgebaut

 

 

Das erste Straßenbahn-Stationshaus auf Bogenhausener Grund befand sich in der Ismaninger Straße. Man hatte es am 11. August 1897 von der Nymphenbuger-/Ecke Maillingerstraße nach Bogenhausen verlegt. 1926 wurde es wieder entfernt. Die Straßenbahnlinie führte damals vom Max-Weber-Platz bis zur Ismaninger Straße/Ecke Hompeschstraße (eröffnet am 7. August 1896, elektrischer Betrieb seit 23. Juni 1898). Das von der Stadtgemeinde München 1912 erbaute Straßenbahnhäuschen mit Pissoir, Hompeschstraße 1a, brach man 1936 wieder ab. Das Münchner Straßenbahnnetz erfuhr 1927 mit seinem Schleifenbauprogramm mit vier neuen Kehren und weiteren Netzveränderungen bedeutende Verbesserungen. Mit dem Sommerfahrplan wurde die neue Endschleifen für die Linie 9 und die Linie 30 am Herkomerplatz (damals noch Gebeleplatz) eröffnet. Die Linie 9 verkehrte vom Herkomerplatz Hauptbahnhof Theresienhöhe ins Westend und die Linie 30 (die sogenannte Tierparklinie) fuhr vom Isartalbahnhof über das Max-II-Denkmal nach Bogenhausen. Beim Herkomerplatz konnte man dann in die Kraftpostlinie nach Oberföhring umsteigen. So wurde eine neue Wartehalle mit Bedürfnisanstalt notwendig. Die Pläne hierzu kamen vom Hochbauamt, der Architekturentwurf stammte von Beblo und Meitinger. Eine Ausführung aus Holz schien für diesen Platz als ungeeignet. So stiegen die geplanten Kosten auf 8950 Mark; 3100 Mark sollte die Straßenbahndirektion zahlen, den Rest von 5850 Mark ging zu Lasten der Stadt. Die Straßenbahndirektion  wollte sich aber nur mit 1200 Mark beteiligen. Damals stellte man fest, »dass die Errichtung eines Pissoirs in Verbindung mit einer Wartehalle notwendig ist und erfahrungsgemäß die Straßenbahnangestellten das Pissoir voraussichtlich mehr benötigen als die Trambahngäste«. Die Endkosten beliefen sich dann auf über 9000 Reichsmark. Die heutige noch bestehende Bedürfnisanstalt damals für die Omnibusfahrgäste wurde 1951 neu erbaut.

 

Im März 2011 berichtete die Süddeutsche Zeitung über einen Antrag im Bogenhausener Bezirksausschuss, der dieses WC-Häuschen betraf. So wurde die Idee geboren, es in ein Café mit Freischankfläche umzuwandeln. Dieses sollte vom Verein Wohnwerk betrieben werden, der schon ein Nachbarschaftscafé in Neuhausen betreibt. Der Verein gibt geistig behinderten und autistischen Jugendlichen die Möglichkeit, einen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu finden. Zudem hätte das Café dem verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten e,V. als Treffpunkt dienen können. Leider kam es im März 2011 zu keinem Beschluss im Bezirksausschuss, das Thema wurde vertagt und eine damals angekündigte Renovierung wurde nicht durchgeführt.

 

 

 

Jetzt scheint tatsächlich wieder Leben in das ehemalige Wartehäuschen am Herkomerplatz einzuziehen und mit dem dort eingerichteten Bistro »Daherkomma« auch der stiefmütterlich behandelte Herkomerplatz sich zumindest an dieser Stelle für die Anwohner und Besucher wieder in einen besuchenswerten Ort zu verwandeln. Ab Mai/Juni 2015 werden hier alpenländische Schmankerl serviert ...

 

Instagram media esdey - #Daherkomma die Stadt wird langsam aufmerksam. Bald gehts los #daherkomma #Herkomerplatz #Bogenhausen #München #munich

tz, 24./25. Januar 2015

 

<< zurück zum Herkomerplatz

 

 

 

Textquelle: Karin Bernst: Ein Spaziergang durch den Münchner Nordosten. Kalender für das Jahr 2013

Bildcollage: © Familie Bernst