Denkmal für Richard Wagner

Prinzregentenplatz

 

Am 21. Mai 1913 genau einen Tag vor dem 100. Geburtstag des Komponisten wird zu Ehren von Richard Wagner neben dem Prinzregententheater in Bogenhausen, ein Marmordenkmal des neoklassizistischen Bildhauers Heinrich Waderé enthüllt.

 

Der Bildhauer erstellte nach Klärung des Denkmalstandorts und der Finanzierungsfrage (die Kosten des Denkmal sowie die für dessen Transport und Aufstellung übernimmt der Stadtmagistrat) ab 1910 verschiedene Gipsmodelle. Im Juni 1912 war die Entwurfsphase abgeschlossen und das finale 1:2-Modell konnte im Hof der Kunstgewerbeschule besichtigt werden. Der Rohblock des Denkmals war aus Untersberger Marmor und hatte ein Volumen von 14 Kubikmetern und wog 600 Zentner. Der Transport von den Marmorwerken in Kiefersfelden gestaltete sich schwierig. Am Untersberg waren über 30 Pferde nötig, um den Block zum Bahnhof zu bringen. Bearbeitet wurde der Marmor in einem eigens errichteten Atelier am Ostbahnhof. Nach Fertigstellung wog das Denkmal immer noch 450 Zentner. Zwei Tage und eine spezielle Straßenlokomotive der Firma Maffei waren notwendig, um die Figur an ihren Standort zu schaffen.

 

 

1912

 

 

Wagner wird in ähnlicher Pose abgebildet, wie der Dichter Johann Wolfgang von Goethe in dem berühmten Porträt Johann Wilhelm Tischbeins (17511829) aus dem Jahr 1787, das den Dichterfürsten »in der Campagna« zeigt. Eine geschickte Wahl Waderés, ist es doch für den Komponisten, der von Natur aus mit geringer Körpergröße ausgestattet war, eine eher vorteilhafte, weil sitzende und daher nicht kompromittierende Pose. In einigen Modellen trägt Wagner in der linken Hand sogar einen großen Hut mit breiter Krempe, der dem Goethes auf dem Tischbein-Gemälde verblüffend ähnelt, letztendlich wird dieser aber im finalen Entwurf durch ein Sammlung von losen Blättern ersetzt. Außerdem spiegelt Waderé Tischbeins Komposition, wodurch Wagner jetzt den Blick auf das Prinzregententheater richtet, in dem nicht nur seine Werke aufgeführt wurden, sondern das auch als Ausdruck von dessen Kunstauffassung (in Anlehnung an Bayreuth) errichtet worden war. Grundsätzlich wird Wagner durch Waderés Anspielung auf Goethe die Rolle des genialen, bürgerlichen »Klassikers« zugewiesen. Eine damals wie heute mehr als schwierige Interpretation, da der politisch nicht konforme, »unbürgerliche« Wagner als Barrikadenkämpfer der 1848er-Revolution steckbrieflich gesucht wurde und schließlich sogar wegen der Auseinandersetzung mit Ministerrat von Pfordten 1865 aus München fliehen musste.

 

 

Vorbild für Waderés Wagner-Denkmal: Goethe in der Campagna, 1787

 

 

Die Inschrift auf der Vorderseite des Denkmals lautet schlicht »Richard Wagner«, auf der Rückseite des Sockels wird der bayerischen Königsfamilie gedankt: »Der Herrscherhause der Wittelsbacher 'Der hohen Kunst Beschützer' zu dauerndem Dank«. Waderé stellt hier zum einen konkret den Bezug zum Verhältnis von Wagner und Ludwig II. und dessen persönliches Mäzenatentum für den Komponisten her und dankt gleichzeitig Prinzregent Luitpold, unter dessen Führung das Denkmal 1909 genehmigt wurde.

 

 

um 1913

 

 

Hoftheaterintendant Ernst von Possart als Initiator des Denkmals und Prinzregent Ludwig nehmen neben einem zahlreich erscheinendem Publikum am feierlichen Akt der Einweihung teil – eine Art »Wiedergutmachung« der Stadt München an dem Künstler, der 1865 auf Druck der Bevölkerung fluchtartig die Stadt verlassen musste. Dem Schöpfer des Denkmals Heinrich Waderé wird an diesem Tag der königliche Verdienstorden des Heiligen Michael verliehen.

 

 

Denkmalseinweihung am 21. Mai 1913

 

 

 

>> mehr Informationen (pdf-Datei)

>> die Wagner-Gedenkfeier am 11. Februar 1933

>> zum Überblick »Denkmale« im Münchner Nordosten

 

 

 

Literatur:

Yvette Deseyve: Heinrich Waderé (18651950). Ein Münchner Bildhauer der Prinzregentenzeit, München 2011, S. 178ff.

 

Fotos von oben nach unten: