Villa

Kolbergerstraße 16

 

Zu Beginn des Jahres 1907 erwarb der Architekt Carl Jäger ein 950 Quadratmeter großes Grundstück an der Kolbergerstraße 16 im Herzogpark für das er 22234 Mark zahlte. Im Juli schon reichte er die Pläne für den Bau einer Villa bei der Lokalbaukommmission München ein.  Ein Jahr später, 1908, war die erste Villa, die Jäger erbaute, bezugsfertig und fand große Zustimmung in der zeitgenössischen Presse: So schrieb die Architekturzeitschrift "Moderne Bauformen" im Jahr 1912:

 

"Das Haus Kolbergerstraße 16 liegt zwischen Villen, vor einer bald ansteigenden öffentlichen Anlage mit grossen Bäumen. Carl Jäger hat in dieses schöne grüne, doch städtische Terrain, das recht geeignete Haus zu stellen gewusst. Das Haus, das Terrain begünstigen sich wechselseitig. Durch Ausgeglichenheit wirkt der Bau ruhig. schmuck erscheint er durch Mässigung farbiger Mittel. Die Läden nur sind grün. Das Dach grau, die Fassade weiss. Die Isolierung macht das Haus herrenartig. Die gedeckte Vorhalle, nicht eng vom Gitter umschlossen, verbindet zurückhaltend das Haus mit der Strasse. Grosse Terrassen sind nur dem Garten zugewendet. Der Garten ruhig angelegt, wie ein weicher Teppich vor der Terrasse, der behaglichen Vermittlerin zwischen Licht und Schatten."

 

 

 

 

Ausführlich geht der Aufsatz dann auf die Gestaltung des Innern des Hauses ein:

 

"Die Halle ist ausgezeichnet. Etwas festlich Belebtes hat das Treppengeländer von Paul Ludwig Troost, Wackerles Blumenkorb auf dem Treppenpfosten ist würdiger Gruß den Gästen, immerwährender heimischer Schmuck. Beide Künstler wissen fein den Künstler zu unterstützen. Keiner hat Nachteil von solch verständigem Ineinanderarbeiten. Im Grundriss schon fällt die Verschiedenartigkeit der Grössenverhältnisse der einzelnen Zimmer, fällt die möglichste Trennung der Küche von den Wohnzimmern, die Lage der wichtigsten Wohnräume nach der Gartenseite auf. Eine schmale Anrichte trennte die zur Straßenseite gelegene Küche von dem zum Garten orientierten Speisezimmer. Der größte Raum im Erdgeschoss war das ebenfalls zum Garten gelegene Musikzimmer. Im Obergeschoss befand sich ein Atelier, die Schlafräume und ein Badezimmer, im ausgebauten Dachgeschoss lagen die Diensträume für das Personal. Die Villa steht unter Denkmalschutz."

 

Carl Jäger hat die 50.000 Mark teure Villa mit seiner Frau Dorothea und seiner 1903 geborenen Tochter Elisabeth selbst bezogen. ist aber ein Jahr später infolge "schwieriger Verhältnisse" (so Carl Jäger in seiner Autobiografie) schon wieder ausgezogen und die Villa wurde vermietet. 1918 verkaufte Jäger die Villa an der Kolbergerstraße 16 dann ganz an den Sohn und die Witwe des Schriftstellers Josef Ruederer für 105.000 Mark. Mit dem Geld aus diesem  Verkauf erwarb der inzwischen zum Königlichen Professor ernannte Architekt Baugrund an der Pienzenauerstraße 72; in die dort errichtete Villa zog die Familie 1923 ein.

 

 

<< zurück zur Kolbergerstraße

>> zum Überblick "Villen" im Münchner Nordosten

 

 

 

Literatur: Karl, Willibald (Hg.): Der Herzogpark. Wandlungen eines Zaubergartens, München 2000.

Abbildungen:

oben: Einfamilienhaus Kolbergerstraße 16, um 1912; Buchscan aus: Bayerischer Architekten- und Ingenieur-Verein (Hg.): München und seine Bauten, München 1912, S. 402.

unten: Grundriss Erdgeschoss Kolbergerstraße 16; Buchscan aus: Bayerischer Architekten- und Ingenieur-Verein (Hg.): München und seine Bauten, München 1912, S. 402.