ehemalige Kinderbewahranstalt Bogenhausen

Bogenhauser Kirchplatz 4

 

1895 beschließen die Gemeindekollegien der Stadt München den Bau einer sogenannten Kinderbewahranstalt in Bogenhausen und bewilligen dazu eine Summe von 68.000 Mark. Architekt ist Prof. Carl Hocheder, der Neben Theodor Fischer und Hans Grässel einer der Architekten ist, die das Münchener Stadtbild um die Jahrhundertwende maßgeblich geprägt haben. Er vertritt einen ganz eigenen, individuellen Stil des „Münchener Barock“ („Hocheder-Barock“), und wird mit ihm zu, Vorbild für viele seiner Schüler. Der Neubau der Kinderbewahranstalt schließt in der Richtung von Süd nach West an die südliche Stirnmauer des Bogenhauser Schulgebäudes (Bogenhauser Kirchplatz 3) an.

 

 

Lageplan Kinderbewahranstalt

 

 

Die "Süddeutsche Bauzeitung" berichtet am 24. September 1898 unter dem Titel "Thätigkeiten des Stadtbauamtes München im Jahre 1896:

 

"Dieser Bau, begonnen im September 1895 (...) besteht in der Hauptanlage aus zwei Theilen, einem niederen und einem höheren, die mit dem zum Turm ausgebildeten Haupttreppenhaus zu einem Ganzen vereinigt sind. Die Facade ist in einfachem Barockstil, in flacher Putzmanier mit Rieselbewurf hergestellt, das Dach mit Neuöttinger Doppelfalzziegeln eingedeckt. Der niedere, westliche Gebäudeteil, aus Erdgeschoss und einem Stockwerk bestehend, enthält unten die beiden Säle der Kinderbewahranstalt, oben zwei Schulklassen. Der höhere östliche Theil mit Erdgeschoss und 2 Stockwerken, enthält die auf erdgecshoss und und ersten Stock vertheilte und durch eine Treppe verbundene Schwesterwohnung, aus Empfangszimmer, Küche und Arbeitszimmer im Erdgeschoss und Bet-, Wohn- und Schlafzimmer im 1. Obergeschoss, bestehend, endlich die Schulaborte. Im II. Stock ist die Wohnung des Feuerwächtlers mit Küche und 3 Zimmern, ferner das direkt von der Treppe zugänfliche Lehrmittelzimmer. Auch ist hier der Zugang zum Speicher des niederen Theils. Der Stiegenvorplatz des oberen Speichers ist zu einem Karzer abgetheilt, der sein Licht durch ein westlich angebrachtes Dachfenster erhält. Das Gebäude ist nur in diesem Theile unterkellert. Hier sind Waschküche und Holzlege untergebracht. Der Fussboden ist im Stiegenhause aus schwarzen und gelben Mosaikplatten hergestellt, die Aborten aus Asphalt und Betonunterlage. Die übrigen Böden bestehen aus fichtenen, verleimten Fussbodentafeln, die in den Wohnungen mit Oelfarbe gestrichen, in den Sälen hingegen gefirnisst sind. Die Heizung in den Sälen geschieht durch Sugg'sche Mantelöfen mit Frischluftzuführung, während in den Wohnungen gewöhnliche Kachelöfen aufgestellt sind. Der auf der Südseite des Gebäudes gelegene, als Spielplatz für die Anstalt dienende Hof ist nit Bäumen bepflanzt und gegen die Straße zu mit einer eisernen Laube abgeschlossen. Der Bau wurde anfangs September 1896 seinem ZWecke übergeben. Die Kosten einschl. der Einrichtung belaufen sich auf 69.500 Mark."

 

 

Grundriss Erdgeschoss Kinderbewahranstalt

 

1914 wird die Kinderbewahranstalt in Bogenhausen aufgelöst und ein Seminarkindergarten errichtet. Lehrkindergärtnerinnen erteilen dort praktischen Unterricht. Als 1942 die Bomben der Alliierten Schulgebäude und Seminarkindergarten treffen, versucht man noch, die Bausubstanz notdürftig zu reparieren, aber 1944 erhält das Ensemble einen Bombenvolltreffer und ist komplett zerstört.

 

 

Bombenzerstörte Kinderbewahranstalt 1944

 

 

Am 26. November 1945 wird die Genehmigung erteilt, den Schul- und Kindergarten betrieb wieder aufzunehmen und die Ruinen werden notdürftig instand gesetzt. Ingrid Großhauser, eine ehemalige Erzieherin berichtet, dass Kinder und Betreuer unter den harten Umständen sehr zu leiden hatten, denn in den Wintermonaten gab es nur einen beheizbaren Raum, in dem für die Kindergartenkinder gekocht wurde, gleichzeitig fanden dort Gitarrenunterricht und Werken statt, während die Kinder abweschselnd am Herd saßen, um sich aufzuwärmen.

 

1958 wurden Schule und ehemalige Kinderbewahranstalt endgültig abgerissen und durch einen neuen Schulbaukomplex ersetzt.

 

 

 

Quellen:

 

Abbildungen von oben nach unten: