KZ-Außenlager München-Riem

 

Im Münchner Raum gab es während der Zeit des Nationalsozialismus 50 Außenlager und Kommandos des Konzentrationslagers Dachau. Der internationale Suchdienst gibt für München-Riem zwei verschiedene Lager an. Das eine trägt die Bezeichnung OT-Lager und das andere SS-Reit- und Fahrschule. Daneben gibt es keinen Hinweis auf ein weiteres Lager in Riem. Der Historiker Wolfgang Benz nimmt an, dass es sich bei den beiden Bezeichnungen um ein identisches Lager handelt.

 

Das Lager "München-Riem" war nach dem Außenlager bei BMW in Allach (3000 bis 10.000 Häftlinge) das größte Kommando in München. Es bestand vom September 1944 bis Ende April 1945. Die Häftlinge waren in den Reitställen der SS-Hauptreitschule, die sich auf freiem Feld zwischen Daglfing und Riem befand, untergebracht. Die Gebäude waren mit Stacheldraht umzäunt. Die Gefangenen wurden von der Organisation Todt bei Ausbesserungsarbeiten auf dem Flughafen Riem eingesetzt. Im Dachauer Tagesrapport vom 26.4.1945 sind für Riem 1543 Häftlinge verzeichnet, es waren vor allem Russen und Polen, eine unbestimmte Zahl Juden und 200 Sinti und Roma. Sie lebten unter menschenunwürdigen Umständen, viele Häftlinge waren unterernährt und von den schweren Erdarbeiten geschwächt. Ein Krankenrevier existierte nicht, wer zusammenbrach wurde entweder sofort in das KZ-Lager nach Dachau zurückgeschickt oder mit Schlägen weitergetrieben. Bei Fliegeralarm gab es nur für die SS-Leute Sicherheitsmaßnahmen in Schutzräumen- Auf diese Weise starben bei einer Bombardierung der Alliierten am 9. April 1945 mindestens 41 Gefangene. Nicht selten kam es vor, dass die Bevölkerung Lebensmitteldiebstahl oder Bettelei der Häftlinge bei der Lagerleitung anzeigte, in diesen Fällen wurden die Verdächtigen meist sofort auf dem Appellplatz erschossen. Im März 1945 wurde so 20 russische Gefangene durch Genickschuss getötet.

 

Der letzte Lagerkommandant des Außenlagers war Franz Xaver Trenkle, der bekannt dafür war, dass er Häftlinge schon beim bloßen Verdacht auf Fluchtgefahr oder Lebensmitteldiebstahl erschoss. In den Dachauer Prozessen nach Kriegsende gestand Trenkle die Ermordung von vier Häftlingen, Überlebende bezeugen jedoch 50 Erschießungen durch die SS und insbesondere von Trenkle. Dieser wurde vom amerikanischen Militärgericht zum Tode verurteilt und am 28. Mai 1946 in Landsberg hingerichtet.

 

Das Außenlager Riem wurde bei Kriegsende nicht aufgelöst. Nur die jüdischen Häftlinge wurde am 24. / 25. April 1945 ins Stammlager zurückgebracht und später dort von den Amerikanern befreit. Der größte Teil der Häftlinge, etwa 1000 Gefangene, wurde in Richtung Süden evakuiert, viele starben vor Entkräftung auf diesem Gewaltmarsch. Ein kleiner Teil der Häftlinge (137) wurde in der Reitschule zurückgelassen und von den Amerikanern befreit.

 

Die Staatsanwaltschaft München stellte 1977 ihr Ermittlungsverfahren zu den Vorgängen im Außenlager München-Riem ein, da der Hauptverdächtige Franz Xaver Trenkle bereits im Dachauer Prozess 1946 verurteilt und anschließend hingerichtet worden war. Heute beherbergt die ehemalige SS-Reitschule die Polizeireitschule. Außer einem Reiterstandbild von Mathias Gasteiger (1937 von der Stadt München errichtet), erinnert nichts an die Vergangenheit des Geländes. Im Münchner Nordosten befanden sich weitere ähnliche Lager, die jedoch nicht Dachau unterlagen, in denen Menschen gequält und ihr Leben ließen. Auch ihnen ist bis heute kein öffentliches Erinnerungsmahl gesetzt.

 

 

 

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Literatur:

"Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager", hrsg. von Wolfgang Benz und Barbara Distel, Bd. 2, München 2005.

"Ich wußte, es wird schlimm. Die Verfolgung der Sinti und Roma in München 1933 - 1945", hrsg. von der Landeshauptstadt München, München 1993.

Foto: 

Das Gasteiger-Reiterstandbild an der Kreuzung Schichtl - / Landshamer Straße, am Rande des ehemaligen KZ-Außenlagers; dietlind pedarnig, 2009