Der Reichsfinanzhof

Zu Beginn des Jahres 1919 erwarb dann das Deutsche Reich das Grundstück mitsamt der Villen-Ruine des Malers Prof. Fleischer, mit dem Ziel dort ein Gebäude für die Unterbringung des neu geschaffenen Reichsfinanzhofes zu errichten. Zwei Jahre später wurde mit den Bauarbeiten nach den Plänen des Architekten Ministerialrat Rudolf Ritter von Pérignon im Stil des "Art Deco" begonnen, 1924 wurde das Gebäude offiziell übergeben. Besonders beeindruckend gelang das großzügige Treppenhaus, imposant auch die die ganze Länge des Baus umlaufenden fünf Meter breiten und fünf Meter hohen Gänge. Als schönster Raum wäre die eichengetäfelte Bibliothek zu nennen, die aber leider einer missglückten Modernisierung im Stil der 1960er Jahre weichen musste. Heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Von 1919 bis 1930 residierte im zweiten Stock der Präsident des Reichsfinanzhofs, der Wirkliche Geheime Rat Gustav Rudolf Jahn, geradezu fürstlich mit entsprechender Einrichtung. Dazu wurden beim großen Antiquitätengeschäft Bernheimer die entsprechenden Renaissance-Möbel "unter großen Kosten" erworben.

 

 

Treppenhaus des Bundesfinanzhofes

 

 

In der Zeit von 1933 bis 1945 konnte sich auch der Reichsfinanzhof nicht der Unrechtspolitik des Nationalsozialismus entziehen. Unter anderem hatten die Juristen an der Ismaninger Straße entscheidenden Anteil an der "Arisierung" jüdischen Vermögens, die durch nationalsozialistische "Rechtssprechung" mit dem Mantel der Legalität umhüllt werden konnte. In der Informationsbroschüre des Bundesfinanzhofes heißt es zu dieser Epoche: "Es gelang dennoch, den objektiven Charakter der vom Reichsfinanzhof erlassenen Urteile weitgehend zu wahren. Deshalb enthalten die weitaus meisten Urteile aus jener Zeit rein steuerrechtliche Rechtssätze, denen auch heute noch Aussagekraft zukommt. Manche, insbesondere gegen jüdische Mitbürger und kirchliche Organisationen ergangene Entscheidungen - vornehmlich des 1937 geschaffenen VIa-Senats - waren indessen durch die nationalsozialistische Ideologie geprägt und mit der Aufgabe eines rechtsstaatlichen Gerichtshofs unvereinbar. Damit diese dunklen Facetten in der Geschichte der Steuerrechtsprechung im heutigen Gerichtsalltag nicht in Vergessenheit geraten, erinnert eine Bronzetafel im Bundesfinanzhof daran als Mahnung an die heutige Richterschaft, sich der rechtsstaatlichen Verantwortung bewusst zu bleiben. Am 8. Mai 1945 endete die Geschichte des Reichsfinanzhofs.

 

Der Bundesfinanzhof

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatte in dem durch Bomben an der Nordseite teilweise beschädigten Gebäude der Oberste Finanzgerichtshof seinen Sitz. Die großen Dienstwohnungen wurden in Büroräume umgewandelt. 1992 wurde zusätzlicher Raum geschaffen, indem zwei weitere Stockwerke an einer Stahlrahmenkonstruktion "aufgehängt" wurden. Dieser neue Anbau ist durch einen verglasten Übergangstrakt mit dem Altbau verbunden. Seit Ende 1995 sind so wieder alle Angehörigen des Bundesfinanzhofs in einem Gebäudekomplex untergebracht.

 

 

 

 

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Literatur: 

Abbildungen: