Johann Baptist Winklhofer (18591949)

 

Der in München-Haidhausen in der Ismaninger Straße geborene Johann Winklhofer zieht 1871 mit seiner Familie nach Landsberg am Lech. Der Berufswunsch des Bauernsohns: Mechaniker. Ein Jahr später erhält er eine Lehrstelle in der Firma Böhm & Wiedemann in München, wo er Apparate für technische Hochschulen und chemische Laboratorien herstellt und in Zeichnen, Physik und Chemie unterrichtet wird. Anschließend geht er als Dreher in das Königlich-Bayerische Hauptlaboratorium (18751879). Aber Winklhofer hält es nicht, in der Folge wird er bei Josef Hofer arbeiten (Herstellung von Zündkapseln für die japanische Armee), in der königlichen Pulverfabrik und schließlich in der Maschinenfabrik Huber in Ingolstadt. Aber es zieht ihn wieder in seine Geburtsstadt München zurück, wo er als Angestellter im Haus Schad Räder verkauft und als Radlehrer tätig ist, ein damals geachteter Beruf. In dieser Zeit baut Johann auch sein erstes Fahrrad, das bereits mit dem Hinterrad auf Kugeln und auf dem Vorderrad auf selbstgebauten Rollenlagern lief.

 

Über die Bekanntschaft mit Richard Adolf Jaenicke gelangt Winklhofer nach Chemnitz, wo er mit Jaenicke zusammen 1885 die »Wanderer-Werke« zur Herstellung von »englischen« Velocipeds gründet. Die Firma boomt schnell, 1890 produzieren sie auch Werkzeugmaschinen und Härterei-Öfen. 1896 wird das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Schönau bei Chemnitz umgewandelt, die Belegschaft zählt 375 Mitarbeiter. In den folgenden Jahren werden Fräsmaschinen, Motorrädern, Schreibmaschinen (»Continental«) und Automobile (»Wanderer-Puppchen«) in Produktion genommen. Das Unternehmen expandiert und erlangt mit seinen Produkten Weltruhm. Aber Winklhofer erinnert sich auch an die harten Zeiten seiner Biografie und errichtet das »Fortbildungswerk für befähigte Arbeiter«, ein Stipendium zum Ingenieurstudium, später »Winklhofer Fortbildungswerk«.

 

Zwischen 1900 und 1901 errichtet der Architekt Leonhard Romeis für den erfolgreichen Unternehmer Winklhofer eine Villa in Bogenhausen (Höchlstraße 3), die heute nicht mehr erhalten ist. Während Ersten Weltkriegs (Dezember 1916) entschließt sich der Unternehmer eine Munitionsfabrik (in Zusammenarbeit mit den Wanderer-Werken, die ihm Facharbeiter überlässt) zu gründen. Die Räume von »Joh. Winklhofer & Söhne, Spezialfabrik für Fahrrad- und Motorrad- Rollenketten« befinden sich in der ehemaligen Möbelfabrik Kehrer & Söhne an der Forstenrieder Straße in München. Johann und seine Frau Johanna (die Schwester seines ehemaligen Partners Jaenicke) ziehen 1921 von München nach Landsberg.

 

1932 wird die Automobilsparte des Großunternehmens in Folge der Weltwirtschaftskrise von der Auto-Union AG (Fusionierung von Horch-Werke AG aus Zwickau, Audi-Werke AG aus Zwickau und Zschopauer DKW-Werke) übernommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg werden die Wandererwerke in Chemnitz von der Sowjetunion konfisziert und teilweise auch demontiert bzw. werden ein »volkseigener Betrieb«. Winklhofer rettet Wichtige Werkzeichnungen die Grundlage für einen Neuanfang der Firma in Haar bei München, wobei 1956 die Produktion von Fahrrädern aufgegeben wird. Heute firmiert die Wanderer-Werke AG als internationale Finanzholding mit Beteiligungen in den Geschäftsbereichen Mailroom Management und Verpackungsmaterialien.

 

Johann Winklhofer stirbt am 28. März 1949 in Landsberg im Alter von 90 Jahren.

 

 

 

 

 

Quelle:

 

Fotos: 

oben: Gedenktafel zu Ehren von Johann Winklhofer an der Johann-Winklhofer-Realschule in Landsberg

unten: Werbeplakat 1920, Quelle: Historisches Chemnitz